Qual der Wahl …

In Niedersachsen ist es am 27. Januar wieder so weit – es darf landtäglich gewählt werden. Das heißt, vor einigen Wochen wurden Wahlplakate in geradezu inflationärer Menge über der Stadt verstreut: Große, kleine, mit Menschen, mit-ohne Menschen. Bei einem Spaziergang fiel mir ein Plakat der Kategorie „mit-ohne Menschen“ besonders auf. Mit diesem berühmten Effekt „was ich gerade gelesen habe, steht so nicht da“ brachte es mich zum Stocken und Stehenbleiben. Da stand tatsächlich geschrieben:
Aus unseren Kindern
soll was werden:
Kostenlose Schulbücher,

Ich kenne das Bibel-Zitat „Schwerter zu Pflugscharen“ (gut, ich kenne es nicht aus der Bibel, das spielt hier aber keine Rolle), nur dass aus Kindern kostenlose Schulbücher werden sollen, das fand ich doch mehr als befremdlich. Auch die beiden Folgeargumente „Ganztagsschulen ausbauen, 100% guter Unterricht“ können m.E. die Startpanne nicht wettmachen. Irgendwie vermasselt.

Zugegebenermaßen bin auch ich durchaus eine Anhängerin von Zwei-Wort-Sätzen und anderen kurzen Formulierungen (man mag es kaum glauben, bei meinen Blog-Abhandlungen, ist aber so). Aber das Ganze muss schon einen Sinn ergeben. Keinen unfreiwillig komischen Unsinn. Besonders dann nicht, wenn die Aussage als Plakat wochenlang in zigfacher Ausführung als Stadttapete zu sehen ist.
Auf dem Plakat ist auch noch genug Platz, um das Wörtchen „deshalb“ hinter „Aus unseren Kindern soll was werden“ unterzubringen. Weshalb also so sinnbefreit/sinnentstellt?

Von der Irritation, die derartige Formulierungen beim Wähler hinterlassen mal ganz abgesehen, mit so einem Plakat kann man schnell als Zwiebelfisch bei Bastian Sick landen …

(Unter uns: Ich bin immer froh, wenn ich sagen kann „Puuuh, das hast du nicht verzapft.“ Im Eifer des Tagesgeschäfts kann einem schnell ein Fehlgriff (buchstäblich!) passieren. Da ist es hilfreich, wenn eine kritische Seele die Sachen liest, bevor sie in den Druck gehen.)

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3 Antworten zu Qual der Wahl …

  1. Silke sagt:

    es gab da noch ein Wahlplakat, zeigte einen Politiker mit Schornsteinfegern und wünschte den Wählern viel Glück

    Werden wir das brauchen, sollten wir diese Partei wählen???

  2. Lotte sagt:

    Plakatentwürfe, nicht nur bei Wahlen, sind scheinbar ein Freibrief für alle möglichen Fehlleistungen.
    Auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums stand ein Plakat
    „Verzeihung, Ihr Sparschwein hat gerade eine Krankenschwester verschluckt“.
    Was will mir das sagen?
    Soll ich das Sparschwein schlachten und die Krankenschwester wiederbeleben?
    Und eine große Volkspartei hat eine Plakatserie heraus gebracht, auf der den Kandidaten der obere Teil des Kopfes fehlte.
    Brauchen sie den sowieso nicht oder war man zu sparsam mit dem Papier oder hat da wieder einer gepennt??

  3. Herr L. sagt:

    Ich finde die Kampagne der Kindernothilfe gut gemacht. Kaum einer, der nicht wegen dieses Satzes irritiert war, aber leider haben viele den Untertitel „Sparschwein füllen oder Zukunft schenken“ und den Absender gar nicht bemerkt.

    Und weil es im Beitrag um Schulbücher ging: Ein weiteres Plakat hatte die Aufschrift „Moment bitte, Sie haben sich mit Schulbüchern eingechremt.“ — „Pflegeprodukte kaufen oder Zukunft schenken.“

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