Das Bedeutungs-Los – nicht immer ein Gewinn

Heute habe ich in einem Artikel eines meiner Lieblingsjournalisten der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung den Begriff „Mund-zu-Mund-Propaganda“ gelesen. Köstlich. Anscheinend gibt es Ausdrücke, die problemlos die eigene Plausibilitätsprüfung unterlaufen. Sowie man nämlich ein bisschen über sie nachdenkt, fällt einem auf, wie herzerfrischend unsinnig sie sind. Natürlich kann es in diesem speziellen Fall auch ein besonders gelungenes Wortspiel zum „viralen Marketing“ sein, auf das im Artikel Bezug genommen wird. Wenn ich es mir recht überlege, halte ich es bei diesem Wortartisten (und der Tatsache, dass die Formulierung mit Gänsefüßchen garniert ist) sogar für mehr als wahrscheinlich.

Diese Raffinesse können aber leider nicht alle Verwender des Begriffes „Mund-zu-Mund-Propaganda“ für sich in Anspruch nehmen. Denn: In den mir bekannten Textvorkommen geht es nicht um Virusverbreitung per Tröpfcheninfektion, sondern um Informationsverbreitung. Somit wäre es treffender eine „Mund-zu-Ohr-Propaganda“. Was aber doch leicht sperrig klingt und erfreulicherweise in der Umgangssprache zur „Mundpropaganda“ zusammengeschnurrt ist.

Ein weiterer semantischer Fehlgriff begegnet mir im Handel häufig zu Schuljahresbeginn oder gegen Ende eines Jahres: die „Schreibtischunterlage“. Mal kommt sie als überdimensionaler Schreibblock mit Abreißblättern daher (mit oder ohne Kalendarium) oder sie ist aus Kunststoff (mit oder ohne Bildmotiv) – egal wie, sie ist entweder eine „Schreibunterlage“ oder eine „Schreibtischauflage“. Eine „Schreibtischunterlage“ kann ein Teppich sein. Oder ich habe meinen Arbeitsplatz seit Jahren irgendwie völlig falsch eingerichtet …

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