Es war einmal (und ist auch noch) eine Deutsche Rentenversicherung, die beglückt einmal im Jahr das von ihr liebevoll umsorgte Volk mit einem wunderbaren Brief.
Überschrieben ist dieser Brief mit „Ihre Renteninformation“. Der interessierte Leser erhält hier in übersichtlicher Form die Grundlagen der Rentenberechnung aufgeschlüsselt – z.B. wie sich die so genannten Entgeltpunkte errechnen, die die Basis bilden für die spätere Umsetzung in bare Münze. Als kleinen Ansporn erfährt man auch, wie viel der Durchschnittsversicherte verdient.
Schwarz auf weiß steht dort, in welcher Höhe Beiträge auf dem Rentenkonto eingegangen sind (groooße Zahl) und mit welcher Rente man nach heutigem Kontostand rechnen kann (kleiiiine Zahl). Außerdem wird errechnet, wie sich die Rente entwickeln wird, wenn man weiterhin Beiträge im Durchschnitt der letzten fünf Jahre einzahlt (mittelgroße Zahl).
Meine Lieblingsstelle in der Geschichte ist aber das Kapitel „Rentenanpassung“. Dort heißt es „Aufgrund zukünftiger Rentenanpassungen kann die errechnete Rente in Höhe von XYZ tatsächlich höher ausfallen.“ – der Leser wird in freudige Erwartung versetzt. Der Dämpfer kommt jedoch gleich in der nächsten Passage „Allerdings können auch wir die Entwicklung nicht vorhersehen. Deshalb haben wir – ohne Berücksichtigung des Kaufkraftverlustes – zwei mögliche Varianten für Sie gerechnet.“ Die Spannung im Publikum wird quasi greifbar, und richtig, jetzt kommt das wirklich Märchenhafte: „Beträgt der jährliche Anpassungssatz 1%, so ergäbe sich eine monatliche Rente von etwa XYZ. Bei einem jährlichen Anpassungssatz von 2% ergäbe sich …“ Aus mir unbekannten Gründen hört der Brief nicht mit dem Märchenklassiker auf „… leben Sie glücklich bis ans Ende Ihrer Tage!“.
Seit Jahren geht das nun schon so mit „wir haben zwei mögliche Varianten für Sie gerechnet.“ Eigentlich wäre es doch in diesem Jahr eher an der Zeit gewesen, rein zu schreiben „Seit drei Jahren gab es keine Rentenerhöhung, aber in diesem Jahr überhäufen wir die Rentner mit sage und schreibe 0,54% mehr an Rente. Für Ihre zukünftige Rente bedeutet das die exorbitante Erhöhung um XYZ.“ (winzige Zahl). Ich erwarte ja nicht einmal, dass in diesem Brief drinsteht, dass den Rentnern die Erhöhung durch diverse Tricks und Kniffe von anderer Seite mehr als wieder abgeknöpft wird. Aber vor dem Hintergrund der tatsächlichen Rentenentwicklung sollte die Deutsche Rentenversicherung diese absolut illusorische Schönrechnerei einfach weglassen. Ich empfinde es mittlerweile als niederschmetternd, was man in Berlin von meiner Intelligenz hält.
Von meinen Eltern habe ich übrigens erfahren, dass sie – unabhängig von der tatsächlichen Minusentwicklung – ein Fass aufmachen und die Rentenerhöhung mit einer zünftigen Party feiern werden. Allein die Tatsache, dass nach drei Jahren keine Nullrunde gefahren wurde, hat sie schlichtweg überwältigt und sie wollen dem „Gott“ der Rentenerhöhung ein Trankopfer darbieten. Na, dann man Prost!
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Meta
Das mit der Fete hört man inzwischen allenthalben, aber bei den meisten ist es nur eine Notlösung, um das viele Geld unterzubringen. Es kursierte auch die Version die Summe an den zuständigen Minister zu überweisen.
Aber da sei mein Ego davor.
Ich für mein Teil bin hellauf begeistert, wieviel Stellen nach dem Komma die Computer heute rechnen können, mag die Summe noch so klein sein.
Als, zwar etwas betagter, Computerfreak reißt es mich schier vom Hocker.
So kann man doch an allem noch etwas positives finden.
Ich denke, eine Party ist nicht nur lustiger, sondern kurbelt -besonders bei derartigen Summen- natürlich auch die Wirtschaft an. Eine Überweisung ins für die Erhöhung zuständige Ministerium zöge verschiedene Probleme nach sich: Auf welcher Kostenstelle soll es verbucht werden? Geht es als Spende durch (wer stellt die Spendenbescheinigungen aus)? Ist es womöglich ein Versuch des Rentnerkollektivs, die Politik lächerlich zu machen (undankbare Banausen, denen werden die Renten so schnell nicht wieder erhöht)? usw. usw.
Also: Partytime – schon ist die Republik wieder in Feierlaune (wie 2006 zur WM).