Trotz (oder wegen?) meiner buchstäblichen Tätigkeit, üben Zahlen eine große Faszination auf mich aus. Wenn ich ihnen in Texten begegne, kann ich nicht anders, als sie mir mehr oder weniger bildlich umzusetzen. Eine Art internes Malen nach Zahlen.
So las ich bspw. am 9. Februar in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung im Zusammenhang mit der „Rettung“ der WestLB „… Die Bank selbst beschleunigt ihren Stellenabbau und sagt zu, 300 Millionen Euro Personalkosten pro Jahr einzusparen. Auf dieser Grundlage werden mindestens 1300 der rund 6000 Arbeitsplätze wegfallen. …“ – Von der Tatsache, dass es schrecklich ist, wenn jemand seine Arbeit verliert, abgesehen, fing ich natürlich sofort an zu rechnen, wie hoch bei der WestLB die Personalkosten pro Arbeitsplatz sind.
Selbst bei Zugrundelegung von rechenfreundlicheren 1.500 Stellen kam ich auf 200.000 EUR Jahressalär. Im Artikel hieß es auch, dass die Stellen bis 2010 abgebaut werden – wenn ich dann rechne, dass die Plätze innerhalb von zwei Jahren wegfallen, aber trotzdem pro Jahr 300 Mio. eingespart werden sollen, komme ich sogar auf 400.000 EUR Jahreseinkommen.
Also, entweder habe ich einen eklatanten Rechen- bzw. Denkfehler gemacht oder ich habe eine völlig falsche Vorstellung davon, was man bei einer Bank verdient (hm, womöglich treffender: bekommt …). Oder die Kündigungswelle wird mal nicht vorrangig „die üblichen Verdächtigen“, Otto und Ottilie Normalverdiener, treffen, sondern auch durch höhere Etagen schwappen.
Gleichfalls in der HAZ stand am 25. Januar unter der Überschrift „In 15 Tagen um die Welt“ die Geschichte des ersten Containerzuges, der von Peking (heißt das nicht Beijing?!) nach Hamburg gefahren ist. Offenbar kannte der Lokführer eine Abkürzung, denn der Zug kam glatte 5 Tage früher als geplant in Hamburg an. Er musste auch nicht noch ein paar Warteschleifen um Hamburg herumfahren, denn alle wichtigen Menschen waren wohl rechtzeitig als Empfangskomitee zugegen.
Und Frau H. fing wieder an zu rechnen: 5 Tage früher angekommen, d.h. es wurden 120 Stunden eingefahren, mit denen die diesjährige Pünktlichkeits-Statistik der Bahn verbessert werden kann. Das ist im wahrsten Sinne des Wortes märchenhaft.
Heute, am 23. Februar, wurde ich aber richtig gefordert. Um ehrlich zu sein, habe ich das Bild, das mir bei diesen Zahlen vor Augen steht, immer noch nicht fertig.
Im Text zum gestrigen Opernball steht „… Florist Achim Duda (42) etwa hatte 10.000 Tonnen Orchideenblüten, Anthurien und andere Grünpflanzen für die prachtvollen Blumenarrangements verarbeitet. …“.
10.000 Tonnen Grünware – Das sind pro Ballbesucher (ca. 4.400 Leute, wenn heute ebenso viele Gäste kommen wie gestern) gut 2.250 kg Blumendekoration. Selbst wenn ich die Blumenkübel in meine Rechnung einbeziehe, finde ich, dass diese Ausstattung mehr als üppig ist. Der Kartenpreis von 90,00 bzw. 120,00 EUR (1. Rang Sitzplatz im VVK) erscheint mir dafür wirklich nicht zu hoch!
Und hier noch ein paar meiner Bilderskizzen:
10.000 Tonnen – Zum Transport brauchte man ungefähr 400 Lkw mit Anhänger (bei einer Zuladung von 25 t).
10.000 Tonnen – Hm, mir kommen langsam Bedenken bez. der Statik. Immerhin entspricht das Gewicht dem Waagen-Ausschlag von 2.000 Elefanten (weiblich, afrikanisch, die eine etwas mehr, die andere etwas weniger gewichtig).
10.000 Tonnen – Dagegen wirkt das Gesamtgewicht der menschlichen Besucher (einschließlich Robe und Schmuckbestückung) von ungefähr 176 Tonnen (pro Abend) doch geradezu läppisch. Hier habe ich als Berechnungsgrundlage die Fahrstuhlkalkulation „8 Pers. oder 640 kg“ angenommen.
Wenn da kein Umrechnungsfehler beim Verfassen des HAZ-Artikels passiert ist, frage ich mich, will irgendwer an diesem Wochenende sein Auto in der Garage unter der Oper abstellen?!