Ganz Deutschland fiebert mit …

Wenn man der Werbung eines privaten Fernsehsenders glauben darf, lebt diese Republik in einem erwartungsvollen Fieberwahn. Der Erreger des angeblichen Fiebers soll eine Sendung namens „Gülcans Traumhochzeit“ sein: Kriegen sie sich, kriegen sie sich vorher in die Haare, lassen sie es dann doch bleiben? „Sie“ sind ein junges Pärchen, deren vom Sender kommunizierte Wichtigkeit sich nur „Prominenz“-ignoranten Menschen wie mir nicht erschließt. Denn: Nach der inbrünstigen Vortragsweise in der Eigenwerbung, gibt es für die Bewohner dieses Landes anscheinend nichts, was es auch nur annähernd an Wichtigkeit mit besagter Verehelichung auf sich nehmen kann.
Mein Wissen speist sich aus der in o.g. Werbetrailern abgespulten abgespielten Kollektion an Bild- und Tondokumenten. Und die hat mich nun wirklich nicht in fiebrige Erwartung versetzt (es sei denn, dass meine Hoffnung auf ein möglichst schnelles Vorüberziehen der Einblendung auch zählt). Und damit sind wir bei meinem eigentlichen Problem, der unberechtigten Vereinnahmung meiner Person: „Ganz Deutschland fiebert mit …“ Frei nach „Asterix & Obelix“ kann ich da nur sagen „Ganz Deutschland?“
NEIN, nicht ganz Deutschland fieberwahnt in diesem Zusammenhang vor sich hin. Nach einer Umfrage im Kreise meiner Lieben kann ich versichern, dass keiner der Befragten auch nur eine im Zehntelbereich befindliche Temperaturerhöhung „erlitten“ hat, vor lauter Anspannung, das Finale dieser Doku zu sehen. Um genau zu sein: Die meisten wussten nicht mal, wovon ich spreche. Die waren offenbar nicht mal in die Nähe des Fiebererzeugers gekommen!
Ich würde es also begrüßen, wenn alle Fernseh- und Radiosender, sowie sonstige Meinungsbildner, künftig die vermutlich aus diffusen Allmachtsfantasien genährten Formulierungen „Ganz Deutschland/Niedersachsen/Hannover …“ mit dem Zusatz „Mit Ausnahme von Frau H. aus H. … (und ggf. weiteren Ausnahmen)“ versehen. Es sei denn, man hat tatsächlich die Zustimmung von allen „ganz Irgendwo“-Bewohnern. Was mir im Zusammenhang mit Sendungen in der Art der o.g. Dokureihe doch eher unwahrscheinlich erscheint.

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Leinen los …

Bügel-Enthusiasten und Menschen, deren Kleidung fremdgeglättet wird (die Glücklichen!), greifen ohne Bedenken ganzjährig zum Leinenstöffchen, alle anderen meist nur in der warmen Jahreszeit, wenn man gern etwas Kühles auf der Haut hat.
Denn: Leinen lässt sich nur unter massivem Körpereinsatz faltenfrei bekommen. Und kaum hat man das mühsamst planierte Kleidungsstück angezogen, sieht das undankbare Teil aus, als hätte es sein Lebtag noch nie unter einem Bügeleisen gelegen!
Dann kommt von irgendjemandem der unvermeidliche und auch nicht wirklich tröstende Satz, der für mich aber DAS Beispiel für erstklassiges Marketing ist: „Leinen knittert edel.“
Wem auch immer dieser Spruch zuerst in den Sinn und dann über die Lippen kam, sie/er hat es geschafft, denn mit diesem Satz wird einem ein absoluter Produktnachteil auch noch als besonderes Qualitätsmerkmal verkauft!
Verblüffend. Noch verblüffender finde ich aber das beifällige Nicken sogar von Leuten, die sonst unter die Rubrik „kritische Konsumenten, nicht veräppelbar“ fallen.
Das muss man erstmal toppen …

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„Märchenhaftes“ aus Berlin

Es war einmal (und ist auch noch) eine Deutsche Rentenversicherung, die beglückt einmal im Jahr das von ihr liebevoll umsorgte Volk mit einem wunderbaren Brief.
Überschrieben ist dieser Brief mit „Ihre Renteninformation“. Der interessierte Leser erhält hier in übersichtlicher Form die Grundlagen der Rentenberechnung aufgeschlüsselt – z.B. wie sich die so genannten Entgeltpunkte errechnen, die die Basis bilden für die spätere Umsetzung in bare Münze. Als kleinen Ansporn erfährt man auch, wie viel der Durchschnittsversicherte verdient.
Schwarz auf weiß steht dort, in welcher Höhe Beiträge auf dem Rentenkonto eingegangen sind (groooße Zahl) und mit welcher Rente man nach heutigem Kontostand rechnen kann (kleiiiine Zahl). Außerdem wird errechnet, wie sich die Rente entwickeln wird, wenn man weiterhin Beiträge im Durchschnitt der letzten fünf Jahre einzahlt (mittelgroße Zahl).
Meine Lieblingsstelle in der Geschichte ist aber das Kapitel „Rentenanpassung“. Dort heißt es „Aufgrund zukünftiger Rentenanpassungen kann die errechnete Rente in Höhe von XYZ tatsächlich höher ausfallen.“ – der Leser wird in freudige Erwartung versetzt. Der Dämpfer kommt jedoch gleich in der nächsten Passage „Allerdings können auch wir die Entwicklung nicht vorhersehen. Deshalb haben wir – ohne Berücksichtigung des Kaufkraftverlustes – zwei mögliche Varianten für Sie gerechnet.“ Die Spannung im Publikum wird quasi greifbar, und richtig, jetzt kommt das wirklich Märchenhafte: „Beträgt der jährliche Anpassungssatz 1%, so ergäbe sich eine monatliche Rente von etwa XYZ. Bei einem jährlichen Anpassungssatz von 2% ergäbe sich …“ Aus mir unbekannten Gründen hört der Brief nicht mit dem Märchenklassiker auf „… leben Sie glücklich bis ans Ende Ihrer Tage!“.
Seit Jahren geht das nun schon so mit „wir haben zwei mögliche Varianten für Sie gerechnet.“ Eigentlich wäre es doch in diesem Jahr eher an der Zeit gewesen, rein zu schreiben „Seit drei Jahren gab es keine Rentenerhöhung, aber in diesem Jahr überhäufen wir die Rentner mit sage und schreibe 0,54% mehr an Rente. Für Ihre zukünftige Rente bedeutet das die exorbitante Erhöhung um XYZ.“ (winzige Zahl). Ich erwarte ja nicht einmal, dass in diesem Brief drinsteht, dass den Rentnern die Erhöhung durch diverse Tricks und Kniffe von anderer Seite mehr als wieder abgeknöpft wird. Aber vor dem Hintergrund der tatsächlichen Rentenentwicklung sollte die Deutsche Rentenversicherung diese absolut illusorische Schönrechnerei einfach weglassen. Ich empfinde es mittlerweile als niederschmetternd, was man in Berlin von meiner Intelligenz hält.
Von meinen Eltern habe ich übrigens erfahren, dass sie – unabhängig von der tatsächlichen Minusentwicklung – ein Fass aufmachen und die Rentenerhöhung mit einer zünftigen Party feiern werden. Allein die Tatsache, dass nach drei Jahren keine Nullrunde gefahren wurde, hat sie schlichtweg überwältigt und sie wollen dem „Gott“ der Rentenerhöhung ein Trankopfer darbieten. Na, dann man Prost!

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Winziggroß oder riesigklein

DownunderMein Fernsehgerät ist ungefähr 11 Jahre alt. Eine dicke schwarze Kiste mit einem einzigen Lautsprecher. Die Bildschirmdiagonale beträgt 53 cm – das wurde damals noch in Zentimetern gemessen, nach der Bildschirmmessungsreform schreibt man jetzt aber wohl besser 21 Zoll.
Technikfreunde, die behutsam versucht haben, mir den Erwerb eines der neuen hyperflachen Geräte nahe zu bringen, lassen meist von diesem Unterfangen ab, wenn sie meine Antwort-Frage hören: „Bekomme ich mit einem tollen Fernseher auch ein besseres Programm? Oder soll die neue bild- und tontechnische Brillanz einfach nur über die alten inhaltlichen Schwächen hinweghelfen … zu einem flachen Programm gehört auch ein flacher Bildschirm?“
Wobei mich das schnell noch vorgebrachte Argument „Für DVDs ist so ein neues Gerät aber wirklich spitzenmäßig! Diese Bildbrillanz – unglaublich!“ doch trifft, denn es stimmt ja schon. Und ich weiß, dass mein Kasten da schwächelt. Dabei liebe ich es, DVDs anzusehen – nicht nur, weil ich hier über die Inhalte selbst entscheiden kann, ich kann auch über Pausenzeiten bestimmen (ich brauche garantiert keine 3 Stück pro Stunde und 2 Minuten vor Schluss sind sie auch absolut entbehrlich)!
Eine besonders ungeliebte Hausarbeit könnte ich bspw. gar nicht erledigen ohne Puschenkino: Bügeln. Ich könnte meine Sachen eher ohne Bügeleisen glätten, aber ganz bestimmt nicht ohne Fernseher.
Andererseits habe ich nur ein kleines Wohnzimmer und einen Fernseh-Bildschirm mit Ausmaßen, die der Tischplattengröße meines Schreibtischs entsprechen, fände ich eindeutig zu dominierend. Egal, wie platt und brillant besagter Fernseher ist.
Und überhaupt: Das Argument der erstklassigen Bildqualität wird von vielen seiner eigenen Erbringer torpediert und erfolgreich versenkt, wenn sie mir voller Stolz ihr Handy vorführen, mit dem man natürlich auch bewegte Bilder sehen kann: Bei ihrem Mobilfon-Screen spielt es keine Rolle, dass die dort herumhuschenden menschlichen Kleinstlebewesen im wahren Leben ca. 175 cm groß sind – die Telefoneigentümer schwärmen auch hier von der Brillanz.
Unerklärlicherweise müssen die Bildschirmlinge aber, sowie es um ein Wohnzimmer geht, eine Bühne bekommen, auf der sie mindestens im Maßstab 1:3 auftreten können, um brillant zu sein.

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„An Gleis 39 wird für Sie bereitgestellt …“

Sie ist im sonnigen Kalifornien gelandet – die Raumfähre „Atlantis“. Mit ihr sind auch sieben Astronauten wieder sicher auf die Erde zurückgekehrt. Meine Begeisterung für dieses Unterfangen hat weniger mit den technischen oder menschlichen Leistungen zu tun. Mich entzückt in diesem Zusammenhang vielmehr die deutsche Sprache.
Wo auch immer etwas in den Weltraum befördert wird, geschieht das im Amerikanischen meistens von einem „Space Center“ aus. Erst bei der Synonymejagd für längere Artikel taucht auch schon mal „Space Station“ auf.
Im Deutschen heißt es seltener „Raumfahrtzentrum“. Wir haben meist die Direktübersetzung in „Weltraumbahnhof“. Was mich gedanklich stolpern lässt: „Bahn“?! In meinem Kopfkino sehe ich förmlich einen Regionalexpress mit dem relativ nahen Ziel „Mond“ bzw. bei Flügen zum Mars einen IPE (Inter-Planet-Express) vor mir – und zum Saturn gibt es eine Ringlinie.
“Weltraumbahnhof“ klingt einerseits galaktisch modern (ohne protzig zu sein) und andererseits beruhigend vertraut (nein, nicht nur wegen der häufigen Verspätungen beim Start …).
Frage am Rande: Gilt meine Bahncard auch im IPE?!

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„Antworten auf ALLE Ihre Fragen …“

Genau so steht es in der Betreffzeile, eines Newsletters, den ich gestern erhielt. Nun wissen wir ja seit Douglas Adams, dass die ultimative Antwort „42“ ist, aber bis zur Antwort auf die letzte aller Fragen gibt es natürlich noch so einige andere Fragen, die ihrer Beantwortung harren. Deshalb habe ich gleich neugierig nachgeguckt, wie ich an diese Antworten herankommen kann.
Leider gibt es im Newsletter dann gleich die Einschränkung „Gute Fragen? Hilfreiche Antworten!“ – pffft, von „gut“ steht nichts in der Betreffzeile und „gut“ nach welchen Maßstäben?
FrageDa wird zum Beispiel die Frage gestellt „Wie heißt der Flughafen von Lissabon?“. Eine Frage, die man umgehend und kompetent beantwortet bekommt, wenn man „Flughafen Lissabon“ bei seiner Lieblingssuchmaschine eingibt.
Anscheinend geht es doch eher nach dem Motto „Jede Frage ist eine gute Frage.“ – womit man dann ja auch wieder völlig eins mit der Betreffzeile des Newsletters ist.
Neben der Lösungssuche zum drängenden Problem, weshalb einem der Bus immer vor der Nase wegfährt, wird auch gefragt „Welche Defizite hat unsere Demokratie?“. Also eine bunte Mischung. Ich werde mal die Antworten auf ihren Unterhaltungs- bzw. Nährwert durchstöbern (ich liebe Antworten, die beides haben).
Da ich meist eine schnelle Antwort auf eine Frage haben will, hat sich allerdings mein System des direkten Weges bewährt. Dieses System führt dazu, dass ich häufig Familie und Freunde zu Rate ziehe und mich dabei ab und an auch bis auf die Knochen blamiere („Weshalb haben wir dich eigentlich so lange zur Schule geschickt? Du bist doch auch hingegangen, oder?“). Nichtsdestotrotz hat es sich als sehr brauchbar erwiesen. Wie sonst bekommt man schnellstens lebensnahe Antworten auf oberwichtige Fragen wie
„Muss der Deckel beim Kochen von Blumenkohl auf den Topf oder nicht?“ oder
„Was muss ich tun, damit mein W-LAN-Anschluss nicht von anderen genutzt werden kann?“ oder
„Gibt es irgendwie so ein Schnuppelstück, mit dem man den dicken Wasserauslauf der Badarmatur mit dem schmalen Duschschlauch verbinden kann?“ usw. Die Problemlöser werden mir dann noch mit herzerfrischender Spöttelei serviert. Köstlich. – Welches Forum kann da schon mithalten?!

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Kartenwechsel = Sortenwechsel ?!

KartenwechselGestern kam ein Umschlag mit einer neuen Plastikkarte. Offenbar ist mit dem Ablaufdatum der alten Karte auch mein Leben als „Frau H. aus H.“ abgelaufen, denn ich wurde sowohl im Adressfeld als auch in der Anrede mit „Herr H. aus H.“ angesprochen. Erfreulicherweise darf ich meinen Vornamen Susanne weiterführen. Was die Kombination allerdings noch skurriler wirken lässt. Erinnert ein bisschen an die Textzeile in dem Song von Johnny Cash „Boy named Sue …“

Es ist aber schon toll, wie sich das Leben mit Plastikkarten verändert – von meiner Krankenkasse bekam ich zweimal hintereinander eine Karte mit einem falschen Geburtsdatum. Die Kasse ist klasse: Sie wirkte wie ein Jungbrunnen, denn ich war jedes Mal um Jahre jünger geworden. Ich bedankte mich für diese Ehre und fragte, ob ich eine eidesstattliche Erklärung meiner Mutter beibringen müsse, damit man mir mein tatsächliches Alter glaubte. Die nächste Karte war dann auch ohne mütterliches Dokument korrekt datiert.

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Wort-Schatz

Als Buchstabenfreundin habe ich natürlich eine besondere Vorliebe für Wörter (und Worte). Deshalb trifft es mich sehr, dass etliche meiner Freunde im Alltag immer seltener auftauchen.
Glücklich können sich Wörter schätzen, die eine Art Metamorphose durchmachen und, in ihrer Bedeutung so gut wie unverändert, weiterleben: So ein Tapetenwechsel ist doch toll.
Schlimm trifft es aber die, die in eine schwere Sinnkrise geraten, weil das, was sie bezeichnen, heute keine Rolle mehr spielt. Einige wiederum kommen einfach nicht ans Tageslicht, weil andere schneller parat sind.
Es gibt aber ein Refugium für bedrohte Wörter: Die Website www.bedrohte-woerter.de. Hier werden die ehemaligen „Helden“ unserer Sprache liebevoll betreut und vor dem Vergessen bewahrt – bspw. durch den vor ein paar Tagen entschiedenen Wettbewerb um „Das bedrohte Wort“ (nee, ich verrate hier nicht, wer der Gewinner ist – selber gucken).
TataturIch habe in der Liste der Wettbewerbsteilnehmer etliche entdeckt, die ich durchaus noch häufiger einsetze. Es waren aber auch viele dabei, die ich schon lange nicht mehr verwendet habe. Dabei ist es doch ganz einfach – sie sind schließlich in meinem Kopf. Ich muss ihnen nur den Weg zu Tastatur und Stift zeigen, schon sind sie sichtbar.
Habe mir vorgenommen, meinen Wortschatz gründlicher zu durchsuchen und nicht immer nur das zu nehmen, was gerade obenauf liegt.

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Un-Limette-d Edition

LimetteWas ist klein und grün? Nein, es ist kein Frosch. ES ist die Limette.
Sie ist für mich derzeit das augenfälligste Beispiel für Alltagsdurchdringung:
Sie steht mit mir unter der Dusche, schäumt in meinen Haaren und duftet als Körperspray an mir herum. Zum Frühstück gibt es Toastbrot mit Marmelade (natürlich mit Limettenstückchen). Als kleinen Snack am Vormittag esse ich einen Joghurt mit … Limette.
In Form von Schokolade mit Limettenfüllung schleicht sie sich als Süßware in meinen Einkaufskorb. Für Schokoladenabstinente hat sie es sich bereits im Eis bequem gemacht.
Und am Abend hat sie ihren ganz großen Auftritt als zentraler Bestandteil einer Caipirinha. Das nenne ich ein eifriges Früchtchen.
Die Zitrone hat Jahre gebraucht, um sich aus dem Putzschrank in den Kühlschrank vorzuarbeiten. Und unter die Dusche, an unseren Körper hat sie es nie richtig geschafft. Zu sehr ist der Gedanke an sie mit ihren Leistungen als putzteuflisches Helferlein verknüpft.
Die Limette hat ihren Einstieg ins Show-Business anders angefangen: Sie kam luxuriös als Praliné vorgefahren. Das wertet ihre neuen „Kleider“, so profan sie auch sein mögen, auf. Sie kann es sich sogar leisten, im Geschirrspülmittel aufzutreten.
Die Zitrone ist das Arbeitstier, sie regiert in Haushaltsreiniger, WC-Reiniger, Scheuermilch usw. – das führt dazu, dass ihren neuen Produkten irgendwie das Außergewöhnliche, die Exklusivität fehlt. Sie wird es wohl nie bis ganz nach oben schaffen.
Ich bin gespannt, wie lange die Limette sich noch an der Spitze hält und in welchen Neuheiten sie aufwartet. Aber irgendwann wird sie wohl völlig ausgequetscht sein, während uns die Zitrone als treue Seele erhalten bleibt.

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Nutztiere im Büro

leinenfrosch.jpgDie Evolution hat der Bürowelt interessante Tierarten beschert. Der Saurier unter den Bürotieren dürfte wohl der Leinenfrosch sein. Sein Biotop ist die Hängeregistratur. Genauer gesagt, die „Hängetasche für ungelochtes Schriftgut, seitlich mit Leinenfröschen verschlossen.“.
Eingefleischte Büro-Dreikämpfer (Disziplinen Knicken, Lochen, Abheften) bringen diesem Tierchen nur wenig Sympathie entgegen, denn wo es auftritt, ist die Ordnung in Gefahr: Blätter, Materialmuster, Datenträger – alles wird meist ohne Rücksicht auf Chronologie, Sinn & Verstand in der Hängemappe gesammelt.
Mit dem Frosch geht das, der macht dicke Backen und schon bleibt alles in der Mappe, nichts fällt seitlich heraus oder verhakt sich im Schreibtischauszug – was bei froschfreien Hängemappen ständig passiert. Sie arbeiten nur mit A4-Blättern gut zusammen. Sowie es um kleinteiliges Verwahrgut geht, ist es vorbei mit ihrer Kooperationsbereitschaft.
Aufgrund ihrer eher laxen Einstellung zur Ordnung wird die Mappe mit Leinenfröschen nach Abschluss eines Jobs geleert: Entbehrliches wird entsorgt, Unentbehrliches sortiert abgelegt (naja, meistens / oft / manchmal / schon mal vorgekommen – Nichtzutreffendes bitte streichen). Schnell noch die Beschriftung des Mappenreiterchens gewechselt und der nächste Job kann einziehen.
Dank seiner Stressresistenz kann der Leinenfrosch in seinem langen Leben eine Menge Jobs kennen lernen. Es geht das Gerücht, dass es Büros gibt, in denen Leinenfrösche werkeln, die mehr Dienstjahre auf dem Buckel haben, als irgendein Mitarbeiter.
Viele hatten mit Einzug des Computers gedacht, dass der Leinenfrosch durch die Entwicklung zum papierfreien Büro zum Aussterben verurteilt ist. Meine Recherchen (völlig unrepräsentativ und frei von jeglichem wissenschaftlichen Anspruch) haben aber ergeben: Das papierfreie Büro ist noch Lichtjahre entfernt. Unserem Leinenfrosch geht es besser denn je. Er verrichtet seine geschätzten Dienste nicht mehr nur an eintönig braunpappigen Mappen, die in bürograuen Registraturen klemmen. Nein, er treibt es richtig bunt. Sowohl die Mappen, als auch die Aufbewahrungsorte leben im Farbrausch. Möge uns der kleine Bürosaurier noch lange erhalten bleiben.
Weshalb der Leinenfrosch, Leinenfrosch heißt, habe ich noch nicht herausgefunden. Klar, er kann dicke Backen machen, wie sein natürliches Froschpendant, das kann ein echter Hamster aber auch. Und der stopft sie sich sogar noch proppvoll. Anders als ein Frosch. Aber vielleicht ist es eine reine Klangsache: Leinenfrosch hört sich irgendwie besser an als Leinenhamster.

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